Dividendenstrategie & finanzielle Freiheit: Erfahrungen nach ~3 Jahren
Mit der Dividendenstrategie in Richtung finanzieller Freiheit: Meine Erfahrungen nach gut drei Jahren
Im November 2017 habe ich mit ETF-Sparplänen begonnen, privat für mein Alter vorzusorgen. Das lief einige Jahre mehr oder minder still und mit wachsenden monatlichen Beträgen nebenher. Schließlich im Februar 2021 habe ich zusätzlich mit einem Depot an Einzelaktien (und mittlerweile ETFs) losgelegt, die überwiegend Dividenden ausschütten – ein paar Value-Aktien sind darin ebenfalls enthalten. Diese halte ich primär nicht für die Dividendenzahlungen.
Ausblick nach drei Jahren und fünf Monaten
Mein Portfolio übersehe ich mithilfe von parqet und DivvyDiary. Das hilft mir insbesondere, da meine Wertpapiere bei verschiedenen Brokern liegen. Darüber hinaus sind comdirect und Neobroker schlichtweg nicht dafür geeignet, einige hilfreiche Kennzahlen zu verstehen und so – wo immer nötig – nachzusteuern oder sich wenigstens halbwegs bewusst in der Welt von Aktien und ETFs zu bewegen.
In diesem Abschnitt sind alle Kennzahlen auf reine Dividendentitel beschränkt (Depotwert, Rendite).
Der Depotwert hat mittlerweile €55k überschritten. Über die Zeit sind – verhältnismäßig magere – zehn Prozent davon per Kursentwicklungen zugewachsen. In der Projektion auf die kommenden zwölf Monate (FWD) realisiere ich brutto voraussichtlich knapp €2.300 an Dividendenzahlungen von insgesamt 29 Titeln. Das entspricht 4,11 % Dividendenrendite auf den Depotwert bzw. 4,51 % auf den Einstandswert.
Für das Kalenderjahr 2024 erwarte ich (per heute) mindestens 2.050 € an Dividendenzahlungen
Das projizierte Dividendenwachstum der kommenden, erwarteten Zahlungen (FWD) im Vergleich zu denen der Vergleichsperiode der zwölf Monate davor beträgt aktuell 4,6 %. Mein Portfolio ist noch nicht so alt, aber ein Rückvergleich zeigt, dass die von mir gehaltenen Titel in den letzten 5 Jahre durchschnittlich um 8,7 % bzw. die letzten 10 Jahre um 12,4 % zugelegt haben. Bei diesen Kennzahlen gilt es zu beachten, dass ich ein paar Titel halte, die eine geringe Dividendenrendite von unter 2 % oder gar unter 1 % ausschütten. Diese sind in den Kennzahlen enthalten und „verfälschen“ sie daher ein wenig. Aktuell trifft das auf fünf der 29 Positionen zu:
- Alphabet – 9,5 % vom Gesamtportfolio zu 0,62 % pers. Dividendenrendite (FWD)
- ETF Euroraum Staatsanleihen – 2,0 % zu 0,73 %
- Microsoft – 3,7 % zu 1,14 %
- Nippon Sanso Holding – 1,4 % zu 1,46 %
- LVMH – 3,8 % zu 1,91 %
Mit Alphabet, Microsoft und LVMH sind drei große Werte dabei, die ich als Value-Aktien betrachte. Für eine völlig ehrliches Fazit müsste ich die Kennzahlen gar auf die Positionen beschränken, die ich bewusst als Dividendenzahler ins Depot geholt habe. Darum kümmert sich das Zukunfts-Ich 😉
Harte Fakten
Alle obigen Angaben und Screenshots kommen aus DivvyDiary. Das Tool ist super, aber hat insofern Limitierungen, als dass es nicht die konkreten Dividendenzahlungen trackt, sondern anhand der offiziellen Ankündigungen berechnet. Dadurch entstehen Unschärfen, sodass ich in der Rückbetrachtung auf parqet vertraue. Das erlaubt den Import der Broker-Belege, sodass es die Realität akkurat abbilden – die harten Fakten inkl. Zahlungen aus zwischenzeitlich verkaufter Titel, Steuern und Gebühren.
Diese besagen, dass ich seit dem für mich relevanten Stichtag 01.01.2022 insgesamt ca. 2.800 € an Brutto-Dividenden generiert habe. Unter Berücksichtigung der vielen Einzelkäufe und damit der Bildung eines Mittelwerts, dessen Berechnung nicht vollständig transparent ist, bedeutet das eine persönliche Dividendenrendite in Höhe von 2,42 % – und somit Steigerungspotential. Nach Steuern verbleiben knapp 2.500 € bzw. 2,01 % annualisierte Rendite. Das gilt jedoch im Vergleich zu einem ca. 50 % größeren Depotwert, der auch meine nicht-ausschüttenden (thesaurierenden) ETFs sowie einen sog. ETC beinhaltet. ETCs sind Finanzinstrumente auf Werte wie in meinem Fall physisches Gold.
Erste Dividendenzahlungen habe ich bereits 2018 erhalten. Das waren eher unbewusste Nebenprodukte aus einigen ETFs, die in den Jahren 2017-2020 zum Teil recht wild zusammengewürfelt habe. Manche davon halte ich noch, andere habe ich spätestens Ende 2023 konsolidiert. Mit der Dividendenstrategie – im Sinne gezielter Auszahlungen – ging es aus meiner Sicht mit dem Kalenderjahr 2022 los. Im Februar 2021 habe ich mit dem Aufbau der ersten Positionen begonnen. Pfizer, Hornbach, DEFAMA, Lenovo, Münchener Rück, 3M waren im Verlauf 2021 meine ersten Titel – wenige wirkliche Reißer vom dem Gesichtspunkt der Dividendenrendite.
Die Basis – das erste volle Jahr mit gezielt generierten Dividendenausschüttungen – formt für mich somit 2022 mit ca. 500 €. Danach folgte knapp eine Verdopplung auf ca. 1.000 € in 2023. Im ersten Halbjahr 2024 und nach 10 Juli-Tagen stehe ich bei ca. 900 € und in der Projektion werde ich die Zahlungen im Vergleich zum Vorjahr wohl erneut verdoppeln können.
Während der zurückliegenden zwölf Monate waren die Top-10-Zahler von insgeamt ca. 1.500 € Dividenden:
- Vanguard FTSE All-World High Dividend Yield
- Evonik
- Allianz
- Philip Morris
- British American Tobacco
- Realty Income
- Deutsche Post / DHL Group
- Rio Tinto
- T. Rowe Price Group
- Pempina Pipeline
An der Auswahl lässt sich im Vergleich zu meinen ersten ausgewählten Titeln erkennen, dass ich in den letzten zwei Jahren stark nachjustiert habe.
Im Durchschnitt der letzten zwölf Monate liege ich also aktuell bei ~120 € monatlicher Dividendenausschüttungen. Für das (aus meiner Sicht) dritte Dividendenjahr und den verhältnismäßig geringen Aufwand, den ich ins sog. Stock Picking stecke, ist auch diese absolute Zahl und die Tatsache eines bereits dreistelligen monatlichen Durchschnitts ein Fakt, der mich motiviert, weiterzumachen.
Mittel- und langfristige Ziele
- 5 % Dividenrendite: Bereits mittelfristig und damit in den nächsten fünf Jahren möchte ich 5 % persönliche Dividendenrendite in vergleichbaren Kennzahlen (inkl. Limitierungen der Vermischung) erreichen. Meine Gedanken dazu: Im Hoch ab es zuletzt 4 % auf schnell verfügbares Tagesgeld. Da die Zinswende langsam kommt und sich in aktuell noch verfügbaren 3,75 % (Trade Republic) bereits andeutet, ist das meine Vergleichsrendite. Wenn ich mittelfristig 5 % an persönlicher Brutto-Dividendenrendite erreiche, generiere ich netto über 4 % und liege damit besser als mit Tagesgeld – insbesondere, da leicht realisierbare Zinsen über Tagesgeld über die kommenden Jahre mit großer Sicherheit abnehmen und sich im Idealfall um 2-3 % einpendeln werden. Darüber hinaus rechne ich natürlich auch mit der einen oder anderen Position, die signifkant im Kurs zulegen kann.
- Konsolidierung vs. Diversifizierung: Bereits 29 Positionen sind für mein Bauchgefühl bereits zu viele. Es gibt aber auch gute Argumente für eine größere Anzahl von Titeln. Insbesondere wenn man in Einzelaktien investiert benötigt es je nach Auswahl und Positionsgröße ein breiteres Portfolio. Jedenfalls ist das meine Überzeugung. Zugleich habe ich ein paar Titel im Blick, die ich bei günstigen Gelegenheiten und mit einem Zeithorizont von mehreren Jahren bereit bin abzubauen und stattdessen andere Positionen aufzustocken.
- ETF-Anteil: Ich mache in jüngster Vergangenheit gute Erfahrungen mit ausschüttenden ETFs und verfolge mit einem halben Auge die Entwicklungen in dem Bereich. Das möchte ich weiterhin tun, um ggf. in der monatlichen Besparung von Einzelaktien wegzukommen. Zum jetzigen Zeitpunkt bespare ich einen Neuzugang in meinem Portfolio (BMW), alle zuletzt besparten haben ihre Zielgröße zwischenzeitlich erreicht. Ich kann mir gut vorstellen, eine Zeit lang monatlich ausschließlich in ausschüttende ETFs zu investieren.
- Finanzielle Freiheit: Die ist weit entfernt und hängt vor allem davon ab, ob ich es langfristig schaffe, mein Portfolio ähnlich wie in den letzten zwei Jahren mit Zukäufen zu vergrößern. Eine solide Basis lege ich bereits über monatliche Sparpläne, aber ich benötige auch zusätzliche Einzahlungen in etwa ähnlicher Höhe auf Jahresbasis. Das ist eine große Herausforderung – und es wird Jahre geben, in denen das nicht funktionieren wird. Daher motiviere ich mich über kleine und große Erfolge auf dem Weg und weiß, dass es so oder so nicht falsch ist, finanzielle Rücklagen zu haben. Tatsächliche finanzielle Freiheit hat für mich drei Stufen:
- Fixkostendeckung: Wenn wir den Punkt erreicht hätten, dass unsere jährlichen Fixkosten (Haus, Versicherungen, Mobilität, Steuern etc.) von Dividendenausschüttungen beglichen werden können, wäre das für mich bereits ein riesiger Erfolg. Es würde viel Entspannung und Flexibilität schaffen. Konkret würde ich zu diesem Zeitpunkt beruflich insofern kürzer treten, als dass ich ausschließlich noch Projekte machen würde, von denen ich überzeugt bin – und bewusst nach Projekten mehrere Monate Pause einlegen. Das ist voraussichtlich als freier Berater eine gut umsetzbare Variante. Dieses Ziel halte ich aus heutiger Sicht für sehr realistisch an und könnte ich innerhalb der nächsten 15-20 Jahre erreichen. Dann wäre ich 50-55 Jahre alt und würde mich sehr glücklich schätzen.
- Alltagsfinanzierung: Wenn darüber hinaus Lebensmittel und Kosten des Alltags abdeckt wären und wir de facto nicht mehr arbeiten müssten, außer um uns größere Wünsche zu erfüllen. Es müssten aus heutiger Sicht also zum Beispiel Kosten wie kleinere bzw. normale Garten- und Hausunterhaltung, Digitale/Streaming-Abos, Restaurantbesuche, Lieferdienstbestellung etc. abgedeckt werden können. Dann wäre ich bei der Projektauswahl noch selektiver oder würde ggf. einer völlig anderen beruflichen Tätigkeit nachgehen, von der ich heute noch gar nicht weiß, dass ich sie einmal interessant finden werde. Um das zu erreichen, müssten die nächsten 15-20 Jahre durchgehend gut verlaufen oder einige außergewöhnliche Jahre dabei sein. Oder eben die offizielle „Rente“ eintreten – wobei ich mir mein Leben dann eher ohne aktives Einkommen wie in der letzten Stufe vorstelle …
- Lebensfinanzierung: Wenn zusätzlich Urlaube, Restaurantbesuche und andere übliche Kosten eines sorglosen Lebens abgedeckt wären, würde das meinem Maximalziel entsprechen. Für größere Einmalanschaffungen würde ich in diesem Szenario Gewinne realisieren und stellenweise abschöpfen – und somit ein aus meiner Sicht sorgenfreies Leben finanzieren und nur noch arbeiten, wenn mir nichts anderes als Zeitvertreib mehr in den Sinn kommt. Das ist meines Erachtens vorzeitig zu erreichen nur realistisch, indem mich einkommenstechnisch und somit beruflich eine Zukunft erwartet, die ich mir aktuell schlichtweg nicht vorstellen kann. Nicht im Sinne von: „Wie soll ich das nur schaffen?“, sondern vielmehr: „Was ist unter akzeptablen Bedingungen für mich an der Stelle überhaupt möglich?“. Da fehlt mir heute jedenfalls die Vorstellungskraft.
Alles darüber hinaus halte ich für völlig unrealistisch, das käme einem Lottogewinn gleich.
Persönliche Sicht
Ich schreibe das hier primär für mich auf. Als Tagebuch. Mit Inhalten, die ich durchaus zu teilen bereit bin. Es sind für mich keine Geheimnisse. Auch schreibe ich es nicht auf, um damit etwas zu beweisen oder zu prahlen. Meine priviligierten Lebensumstände sind mir sehr bewusst. Vielmehr möchte ich meine heutige Sicht festhalten. Ich bin immer an Perspektiven interessiert. Und schon heute gespannt, wie ich in fünf Jahren denke, wenn ich mich an diese Zeilen erinnere und sie erneut lesen werde.
Meine Prämisse ist, dass ich glücklich bleiben möchte. Das bin ich heute und daher gehe ich davon aus, dass ich meinen Weg weitergehen kann. Sollte etwas dazwischen kommen, justiere ich nach. Dann ist finanzielle Freiheit womöglich ein Ziel, welches ich mal verfolgt habe. Vergangenheit. So ist das Leben.